Rede des Fraktionsvorsitzenden Rolf Leinz im Kreistag zum Haushalt 2026

Sehr geehrte Vorsitzende, werte Kolleginnen und Kollegen,

vor gerade einmal vier Wochen hat der Landrat die Anpassungen für das Haushaltsjahr 2026 eingebracht – einen Haushaltsplan, der strukturell unausgeglichen, finanzwirtschaftlich riskant und kommunalpolitisch problematisch ist.

Mit diesem Entwurf ging es dann auch in die erste Beratungswoche der Ausschüsse. Im Sozialausschuss lag uns dann schließlich sogar eine „Anpassung zur Anpassung“ vor. Das bedeutet: In einer Sitzungsrunde mussten wir über zwei verschiedene Entwürfe beraten. Eine seriöse Beratung ist unter solchen Umständen nicht möglich. Die politische Kontrolle des Kreistags wird damit faktisch untergraben. Und die Öffentlichkeit sowie betroffene Einrichtungen – Schulen, soziale Träger – bleiben außen vor. Haushaltsentscheidungen dieser Tragweite dürfen nicht unter Zeitdruck durchgewunken werden. Genau das passiert hier und heute.

Zum ursprünglichen Haushalt hat unsere Fraktion zahlreiche Fragen gestellt. Die Antworten waren ausweichend, formal, aber nicht substanziell. Es fehlt eine klare Darstellung, welche Maßnahmen im Kreis tatsächlich geplant sind. Stattdessen wird auf Dokumente oder übergeordnete Ebenen verwiesen – ohne konkrete Aussagen.

Die Zeitschiene zeigt die ganze Unprofessionalität: Erst am Donnerstag im Haupt- und Finanzausschuss konnte die finale Anpassung beraten werden, und am zweiten Adventswochenende sollten die Fraktionen ihre endgültige Position festlegen. So geht man nicht mit einem Kreishaushalt um.

Nun zu den Fakten:
Trotz massiver Kürzungen bleibt im Ergebnishaushalt ein Defizit von fast 24 Millionen Euro. Diese „Verbesserungen“ entstehen überwiegend durch Einschnitte bei sozialen Leistungen und Bildungsaufgaben – nicht durch strukturelle Konsolidierung. Im Finanzhaushalt klafft ein Fehlbetrag von über 27 Millionen Euro. Das ist kein Schönheitsfehler, sondern ein strukturelles Defizit, das die Handlungsfähigkeit unseres Kreises massiv einschränkt.

Was wir hier beschließen sollen, ist kein Zukunftsprogramm, sondern ein Haushalt auf Pump. Investitionen werden fast ausschließlich über Kredite finanziert. Schon jetzt ist klar: Wir überschreiten den vom Regierungspräsidium akzeptierten Darlehensrahmen von 35 Millionen Euro. Damit belasten wir unsere Kommunen zusätzlich – Kommunen, die selbst kaum noch Spielräume haben. Das ist eine doppelte Belastung für die Bürgerinnen und Bürger: über höhere Umlagen und gleichzeitig übersteigende Verschuldung.

Besonders kritisch: Es fehlt jede erkennbare Konsolidierungsstrategie. Keine Maßnahmen zur Ausgabenkürzung, keine strukturellen Reformen. Stattdessen wird auf Land und Bund verwiesen. Aber als verantwortliche Koalition muss man sich fragen: Sind die Entscheidungen der letzten Jahre noch finanzierbar? Müssen Standards nicht angepasst werden? Wer diese Fragen nicht stellt, handelt nicht verantwortungsbewusst, sondern duckt sich vor der Realität.

Aus diesem Grund haben wir als FREIE WÄHLER einen Antrag zum Haushalt eingebracht, mit dem sich aus unserer Sicht Geld einsparen lässt.

Kostenreduzierung bei Neubauten und Erweiterungen kreiseigener Gebäude, insbesondere Schulbauten.
Wir fordern, künftig nicht mehr automatisch in Passivhausbauweise zu bauen, sondern den KfW-Effizienzhaus-40-Standard anzuwenden. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung soll dies belegen. Fachleute sehen Einsparungen von rund 10 % bei den Erstellungskosten. Bei einem Gesamtvolumen von geschätzt 750 Millionen Euro im Schulbauprogramm bedeutet das ein Potenzial von 75 Millionen Euro. Dieses Einsparpotenzial dürfen wir nicht ungenutzt lassen – es entlastet unsere Kommunen erheblich.

In unserem zweiten Antrag zum Haushalt fordern wir die Einstellung einer Bürgschaft für den Bau eines stationären Hospizes in Groß-Gerau.
Wir fordern die Einstellung einer Bürgschaft in Höhe von 5 Millionen Euro zugunsten der Hospizstiftung Groß-Gerau. Selbstverständlich unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Genehmigung durch das Regierungspräsidium Darmstadt. Die Bedeutung eines Hospizes ist unbestritten – hier gibt es keine sachlichen Gründe für Ablehnung. Wir bitten daher um Ihre Zustimmung.

Die beiden Anträge sind der politische Wille der FREIE WÄHLER für den Haushalt 2026. Wir werden unsere Abstimmung zum Haushalt mit diesen beiden Anträgen verbinden. Denn wir wollen einen Haushalt, der nicht nur kurzfristig Zahlen schönrechnet, sondern langfristig tragfähig ist und den Menschen im Kreis dient.

Vielen Dank.